Titel
Lebendige Geschichte. Lebendige Geschichte. Festschrift zur 800-Jahrfeier Aarwangen


Herausgeber
Einwohnergemeinde Aarwangen
Erschienen
Aarwangen 2012: Böhlen Druck
Anzahl Seiten
47 S.
Preis
ISBN
URL
Rezensiert für infoclio.ch und H-Soz-Kult von:
Sarah Pfister

Anlässlich der 800-Jahrfeier 2012 hat die Einwohnergemeinde eine Festschrift herausgegeben, die schlank daherkommt, dabei aber durchaus Lesenswertes aus unterschiedlichen Blickwinkeln präsentiert. Nebst den für Festschriften üblichen Grussworten und präsidialen Reflexionen zum Woher und Wohin bietet das Heft Zugaben, die Leserin und Leser durchaus zu schätzen wissen werden. Um das Augenfällige vorwegzunehmen: Die sorgfältige fotografische Begleitung der Texte bringt auf der Bildebene zum Ausdruck, worauf die Texte zielen. Die Detailaufnahmen von Bauwerken rücken auf den ersten Blick Unscheinbares in den Fokus und regen zum aufmerksamen Hinsehen in der eigenen Lebenswelt an.

Herzstück der Schrift sind die Erinnerungsgespräche, die die Historiker des Büros Satz & Sätze mit einer alteingesessenen Aarwangerin und zwei Aarwangern führten. In den Schilderungen und Erinnerungen von Fabrikarbeiterin und Satus-Mitgründerin Alice Leuenberger, Landwirt Peter Gerber und Lehrer Werner Lüdi wird die jüngste Geschichte auf anschauliche Weise greifbar. Die Aufzeichnungen folgen den Lebensstationen und verschiedenen Themen, die für die Befragten prägend waren: Kinder- und Jugendzeit, Ausbildung, Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs auf Leben und Arbeiten, Engagement in Politik und Vereinen, Berufstätigkeit, wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen und Entwicklungen in Aarwangen. Zum besseren Verständnis werden die Interviews teilweise mit historischen Hintergrundinformationen ergänzt. Die Schilderungen der Zeitzeugen machen am Beispiel der Landwirtschaft, der ortsansässigen Industriebetriebe wie der «Porzi» (Porzellanfabrik Langenthal) und des Schulwesens die grossen Entwicklungen in der Arbeits- und Lebenswelt des 20. Jahrhunderts sichtbar. Die Erinnerungsgespräche sind das Resultat mehrerer Interviews: Diese wurden von den Historikern zu authentischen Kondensaten persönlicher Erinnerung verarbeitet, die die Erzählenden gleichzeitig sensibel porträtieren.

Den Blick zurück auf die Entstehung Aarwangens macht der Historiker Daniel Möri. Wie kommt es, dass man in Aarwangen 1967 das 700 - jährige Bestehen feierte und nur 57 Jahre später die 800-Jahrfeier? In seinem Beitrag zur «Suche nach dem tatsächlichen Alter des Dorfes Aarwangen» weist Daniel Möri darauf hin, dass das der 700 - Jahrfeier von 1967 zu Grunde liegende Ersterwähnungsjahr von 1267 punkto Datierung überholt ist. In einer kleinen quellengeschichtlichen Auslegeordnung anhand dreier Dokumente aus dem Staatsarchiv Luzern1 zeigt Daniel Möri auf, dass für Aarwangen ältere Quellen herangezogen werden können. Die früheste urkundliche Erwähnung – nicht Aarwangens, aber der «von Aarwangen», eines kyburgischen Ministerialen- geschlechts des 13. bis 14. Jahrhunderts mit Sitz auf der gleichnamigen Burg – datiert auf den Zeitraum zwischen 1194 und 1212: In den Urbarien des 1194 gegründeten Klosters St. Urban werden Burkhart von Aarwangen und dessen Tochter Ita im Zusammenhang mit einer Schenkung an das Kloster genannt. «Berchtoldus miles de Arwangen » tritt in einem zweiten Dokument aus dem Jahr 1251 auf. 1255 folgt dann als dritte Quelle das früheste Dokument, in dem Aarwangen als «villa», also als Dorf, angeführt wird. Daniel Möri weist darauf hin, dass Aarwangen somit «streng genommen» erst in diesem jüngsten der von ihm angeführten Dokumente als Dorf gesichert und daher im Jubiläumsjahr 2012 «mindesten 757 Jahre alt» sei. «In Kenntnis der ganzen Problematik » habe der Gemeinderat beschlossen, die «erste der drei urkundlichen Erwähnungen einer Feier 800 Jahre Aarwangen zu Grunde zu legen.» Bei so viel Festfreude darf man lobend das Geschichtsbewusstsein der Gemeinde erwähnen, ohne das die Festschrift in dieser Form nicht zustande gekommen wäre. Es bleibt mit der Projektleiterin des Büros Satz & Sätze zu hoffen, dass das bislang Entstandene den Grundstein legt zur Erarbeitung einer Ortsgeschichte Aarwangens.

Zitierweise:
Sarah Pfister: Rezension zu: Einwohnergemeinde Aarwangen (Hrsg.): Lebendige Geschichte. Aarwangerinnen und Aarwanger erzählen. Festschrift zur 800-Jahrfeier Aarwangen. Aarwangen: Böhlen Druck AG 2012. Zuerst erschienen in: Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 77 Nr. 1, 2015, S. 45-47.

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Zuerst veröffentlicht in

Berner Zeitschrift für Geschichte, Jg. 77 Nr. 1, 2015, S. 45-47.

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